Einmal Chitwan Nationalpark und zurück
Der Motor springt an und mein Bus setzt sich langsam in Bewegung. Dabei hinterlässt er eine schwarze Rußwolke, die in Deutschland sofort den TÜV auf den Plan rufen würde. Mein nächstes Ziel ist der Chitwan Nationalpark, den ich, sofern alles glatt läuft, innerhalb der nächsten 6,5 Stunden erreichen werde. Einen Großteil der Fahrt folgen wir einem größeren Flußlauf und sehen dabei immer wieder kleinere und sehr minimalistisch gehaltene Hütten am Straßenrand. Immer wieder kommt unser Bus der Böschung gefährlich nahe, sodass ich mich lieber wieder in mein Buch vertiefe und den Rest ausblende. Immer wieder hört man von Unfällen mit überfüllten Bussen.
Langsam merkt man deutlich, wie sich das Klima verändert und es wärmer wird. Irgendwann ist es dann soweit und wir erreichen gegen 14 Uhr den Ort Sauraha, der sich in der Region Chitwan befindet und Ausgangspunkt für Ausflüge in den Nationalpark ist. Der Ort an sich ist sehr überschaubar und besteht größtenteils aus Hotels, Lodges und einigen Souvenirläden, in denen man die typischen Klangschalen, Schals und Holzschnitzereien kaufen kann. Die Preise liegen aber zum Teil unter denen aus Kathmandu.
Im Vorfeld hatte ich bereits per Booking.com App ein Zimmer in der Chitwan Gaida Lodge gebucht. Mit 42 US Dollar für 3 Nächste im Doppelzimmer und inklusive Frühstück war der Preis entsprechend günstig, sodass ich mir eigentlich nicht viel versprochen habe. Netterweise wurde ich direkt am Busbahnhof abgeholt und zur Lodge gefahren, dabei hatte ich noch nicht einmal darum gebeten. Das Zimmer war einfach, aber sauber und sogar mit Ventilator und Klimaanlage ausgestattet. Die heiße Dusche war diesmal sogar für die meiste Zeit wirklich heiß, was in Nepal meistens eine echte Ausnahme ist. Das Personal war die gesamte Zeit über sehr freundlich und hilfsbereit, sodass ich die durchweg positiven Bewertungen bei Booking gut nachvollziehen kann. Wer es einfach, günstig und sauber möchte, dem kann ich die Lodge also sehr empfehlen, zumal sie sehr zentral gelegen ist.
Für den Tag meiner Ankunft hatte ich noch nicht wirklich etwas geplant, sodass ich mir einfach mal die Umgebung etwas genauer angeschaut habe. Ein paar Meter von meiner Lodge entfernt entdeckte ich eine Elefantenfarm, die unmittelbar am Rand des Parks gelegen ist. Nachdem ich ein paar Fotos geschossen hatte, beschloss ich noch einige Meter den schmalen Pfad entlang Richtung Wald zu gehen. Als ich den Blick nach Links Richtung Flußlauf wendete war ich doch etwas verwundert, als ich unmittelbar in vier Meter Entfernung neben mir ein badendes Nashorn entdeckte. Keine ungefährliche Situation, aber ich war so fasziniert, dass ich einfach dort stehenbleiben musste. Das änderte sich allerdings schlagartig, als ich im Wasser eine zwei Meter lange Schlange entdeckte, die sich gerade auf den Weg zu mir Richtung Ufer aufmachte. Für mich dann doch das Signal Richtung Lodge zu gehen und überhaupt war es schon etwas dunkel geworden.
Für den nächsten Tag buchten ich und mein Kumpel eine Safari mit dem Jeep durch den Park. Preislich für nepalesische Verhältnisse kein Schnäppchen, aber immerhin wird das Geld für den Schutz des Parkes verwendet, sodass die 60 US Dollar pro Person eine sinnvolle Investition sind und wir zudem einen Guide und Lunchpakete im Schlepptau hatten.
Spektakulär war die fahrt nicht, aber wir sahen immerhin 4 Nashörner, zahllose Hirsche und Wildschweine, mehrere Krokodile und exotische Vögel. Besonders interessant waren aber die Fakten über den Park, die uns unser Guide mitteilte.
Auf einer Fläche von ca. 930 km² leben aktuell 500 der gefährdeten Panzernashörner, die leider oftmals der Wilderei ausgesetzt sind. In China sind die Hörner der Tiere nämlich begehrte Medizin und Potenzmittel und erzielen dort Preise von ungefähr 40.000 US Dollar pro Horn. Vor wenigen Jahren hatte der Park regelmäßig Verluste von bis zu 30 Tieren im Jahr. Mittlerweile hat man aber die Anzahl der Ranger auf über 900 Mann angehoben und Checkpoints im Park installiert. Seit dieser Zeit ist die Zahl der gewilderten Tiere stark gesunken, sodass im Jahr 2013 nur noch ein Tier tot aufgefunden wurde.
Wie nahe man der Wildnis wirklich ist sollten wir am Abend erfahren. Unsere Nachbarn aus England erzählten uns, dass es am Vorabend zu einem Zwischenfall gekommen sei. In der Nacht ist wohl ein wildes Nashorn aus dem Park in unser Nachbarhotel eingedrungen und hat dort eine Touristin aus China verletzt, sodass diese mit einem gebrochenen Bein ins Krankenhaus musste. Die Warnung die Lodge nach 10 Uhr nicht zu verlassen haben wir danach dann doch ernst genommen.
Neben Nashörnern beheimatet der Park auch 50 Exemplare des seltenen Bengalischen Tigers, den man aber nur selten zu Gesicht bekommt. Deutlich häufiger sind dagegen Sumpfkrokodile anzutreffen. Selten dagegen ist das sogenannte Gangesgavial, eine Krokodilart mit langer, spitzer Schnauze, das sich vornehmlich von Fischen ernährt und in fließenden Gewässern beheimatet ist. Im Park befindet sich mittlerweile eine Zuchtfarm mit etlichen Tieren, die im Alter von 4-6 Jahren ausgewildert werden.
Neben wilden Elefanten gibt es zudem ein Zuchtprogramm der Regierung. Die Elefanten werden zwar auch zu touristischen Zwecken, aber bei sehr guter Behandlung eingesetzt und von den Rangern als Fortbewegungsmittel in den Regenmonaten, wenn man mit Jeep, Motorrad und Fahrrad nicht mehr von der Stelle kommt, eingesetzt. Generell bin ich ja kein Freund davon Touristen auf Elefanten reiten zu lassen, weshalb ich schon in Thailand von einem Besuch der zahlreichen Farmen rund um Chiang Mai abgesehen habe. Hier in Nepal hatte ich aber ein ziemlich gutes Gefühl bei der Sache, zumal die Erlöse für den Schutz des Parkes und der gefährdeten Tiere eingesetzt werden.
Zudem benutzten die Mahuts in Nepal keine Schlagwerkzeuge, sondern haben lediglich einen kleinen Stock dabei, mit dem die Elefanten in die richtige Richtung gelenkt werden. Für mich persönlich ist es schwierig ein Richtig oder Falsch in Bezug auf Elefanten und Tourismus zu definieren. In vielen Ländern wie Thailand und Laos ist es nun einmal so, dass Elefanten zu einer Last für ihre Besitzer geworden sind. Früher wurden sie noch für den Transport der Bäume im Urwald eingesetzt, doch mittlerweile gibt es fast überall Beschränkungen bei der Rodung des Waldes, sodass die Elefanten sozusagen arbeitslos sind. Dennoch wollen diese Tiere natürlich gefüttert werden, sodass der Tourismus für diese Tiere und die Mahuts wohl die einzige Möglichkeit darstellt über die Runden zu kommen. Fraglich ist dagegen, ob man Elefanten Bilder malen, oder mit Bällen zur Belustigung des Puplikums spielen lassen muss, wie es in Thailand oft der Fall ist. Aus meiner Sicht ist eine solche Art von Attraktion absolut verwerflich und sollte nicht gefördert werden.